Wer war Anna, die dritte Mahler?

Als Tochter eines berühmten Vaters und einer übermächtigen Mutter nahm ihr Leben seinen Ausgang von der versunkenen Welt des Wiener Fin de Siècle. Von der einstigen Reichshauptstadt aus verbanden sich die geografischen Koordinaten ihres Lebens: Anna Mahler begegnen wir auf ihrem Weg durch Zeitläufte und Räume, als Bildhauerin und als Reisende, verwoben mit Städten und Kulturen. London, Kalifornien, Venedig, Los Angeles und Spoleto in Umbrien sind Orte, an denen sie als Künstlerin lebte und arbeitete.

Nach dem Studium der Malerei bei Giorgio de Chirico in Rom, Wassili Schuchajew in Paris und Cuno Amiet in der Schweiz wandte sich Anna Mahler in den 1930er-Jahren in Wien der – für eine Frau in jener Zeit ungewöhnlichen – Steinbildhauerei zu. Fritz Wotruba war ihr Lehrer.

Von frühen Jahren an war Musik Teil ihres Lebens und übertrug sich auf ihre Kunst. Annas Erfolg und teilweise Anerkennung setzten erst im hohen Alter ein.

Die Frage nach dem gebührenden kunsthistorischen Rang von Anna Mahlers künstlerischem Schaffen im Kontext der Kunst des 20. Jahrhundert ist nicht ganz einfach zu beantworten. Zählt sie zur ersten oder zur zweiten Reihe? Manche ihrer Skulpturen sind von ausdrucksstarkem hohem Niveau, andere wiederum atmen den Hauch des Laientums. Zu ihren Stärken zählten Portraitköpfe, die sie von vielen berühmten zeitgenössischen Personen fertigte. Auf beharrliche, ja fast störrische Weise hat sie zeitlebens auf die Darstellung der menschlichen Figur bestanden. Abstraktion war ihre Sache nicht.

Anna Mahlers Kunst erschließt sich nur im Gesamtbild ihres Lebens: der Prägung durch ihre Herkunft, der Erfahrung des Exils und in der Folge einer nomadisch-kosmopolitischen Existenz. Die Biografie nimmt diese Gesamtheit in den Blick und zeichnet ein mehr als bewegtes Leben nach.